Der Traum von Europa –ausgeträumt oder Ansporn?

15.11.2021

Verfasser: B. Graap

Spoileralarm: Ich glaube an Europa, wir brauchen ein starkes Europa.

Als Neue DB fühlen wir uns nach wie vor unseren Wurzeln, der burschenschaftlichen Bewegung aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts verbunden. Ein wesentliches Ziel war die Überwindung der deutschen Kleinstaaterei und die Errichtung eines deutschen Nationalstaates.

Mit der deutschen Wiedervereinigung ist für die Mitglieder der Neuen DB dieses Ziel vollendet, Geschichtsrevisionismus ist nicht unser Ding.

Der Geist hinter dem Einigungsbestreben sollte aber weiter getragen werden und kann meiner Meinung nach nur auf ein gestärktes, einiges Europa der Vaterländer oder gar die „Vereinigten Staaten von Europa“ abzielen, wobei letzteres wohl auch mittelfristig reine Vision bleiben dürfte.

Bei aller Unzulänglichkeit der EU-Bürokratie muss der Gedanke an ein starkes Europa mit aller Kraft gefördert werden. Nur einig sind wir in der Lage, politisch und ökonomisch in der unumkehrbaren Globalisierung zu bestehen und unsere Werte und Kultur zu bewahren.

Die drei Supermächte USA, Russland und China haben kein Interesse an einem einigen und damit starken Europa. Auch wenn die Tage eines Präsidenten Trump im Weißen Haus (zunächst?) vorbei sind, ist auch unter dem neuen Präsidenten Biden die transatlantische Allianz in alter Form nicht wiederbelebt worden. Der Schwerpunkt der US Außenpolitik hat sich auf den pazifischen Raum verlagert.

Der russische Präsident Putin setzt mit den als Geheimdienstler gelernten Mitteln und Methoden alles daran, ein starkes, einiges Europa zu verhindern und baut seine persönliche Machtposition rücksichtslos weiter aus.

China dehnt u.a. mit der neuen Seidenstraße seinen Einflussbereich deutlich aus. Die geradezu neokolonialistische Ausbeutung des afrikanischen Kontinents erfolgt, ohne dass die Weltgemeinschaft, geschweige denn Europa, hier merklich tätig wird. Im Gegenteil, China ist schon in Europa angekommen. Der größte griechische Hafen und andere europäische Infrastruktur sind bereits in chinesischer Hand.

Mit großer Sorge betrachte ich das weltweite Erstarken von Populisten, meist zugleich Nationalisten, was die Welt nicht sicherer macht. Typischerweise sind dies im In – und Ausland ausgemachte Gegner eines starken Europas. Den bisherigen Höhepunkt deren auf Lügen aufgebauten und mit Ängsten operierenden Tuns ist das – hoffentlich nur vorübergehende – Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU. Europa schwächelt und ist reformbedürftig. Mit Sorge verfolgen wir die Vorgänge in Polen und Ungarn. Wie weit spalten die dortigen Regenten die Gesellschaft noch weiter und mit welchen Folgen?

Wiederholt sich Geschichte wirklich nicht?

Auch um dies zu verhindern, ist ein einiges, starkes Europa unerlässlich.

Neben den politischen und ökonomischen Herausforderungen, nein eigentlich darüber hinaus, besteht die weltweite Herausforderung durch den Klimawandel. Auch hier zeigt sich Europa bisher ziemlich hilflos. Wo sind die Verantwortungsträger im „alten Europa“, die mutig vorangehen? Müsste ein einiges, starkes Europa nicht auch hier Vorreiter sein.

Die Neue Deutsche Burschenschaft als liberaler, akademischer Verband, ist nach meiner Überzeugung gefeit gegen populistischen Unsinn, wie ihn „Identitäre“ „Querdenker“, Coronaleugner und sonstige Verschwörungsphantasten verbreiten. Wir diskutieren natürlich über die verschiedenen Ansätze, aber auf wissenschaftlicher Basis.

Als burschenschaftlicher Dachverband haben wir traditionell auch einen politischen Anspruch.

Der Schwerpunkt dieser politischen Arbeit sollte nach meiner Überzeugung darin liegen, den schwächelnden Europa-Geist neu zu beflügeln und nach besten Kräften zu stärken.

Möge das kommende Jahr möglichst bald ein Ende der Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen bescheren, damit mit neuem Elan die Herausforderungen angenommen werden können. Die Neue Deutsche Burschenschaft sollte dabei sein.